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"Wir werden laut"

Hunderte Bosch-Beschäftigte in Renningen protestieren gegen Stellenabbau

Betriebsrat und IG Metall riefen unter dem Motto „Wir werden laut“ zur Kundgebung auf.
Von Konrad Schneider
Kundgebung vor dem Bosch-Campus.

Kundgebung vor dem Bosch-Campus.

Bild: z

Renningen. Vor dem Renninger Bosch-Campus wurde es am Donnerstag zur Mittagszeit laut. Der Betriebsrat hatte alle Beschäftigten des Bosch-Forschungscampus erstmalig seit Bestehen des Standortes zu einer aktiven Mittagspause vor das Hochhaus gerufen und hunderte Beschäftigte folgten dem Aufruf.

Unter dem Motto „Wir werden laut“ riefen Betriebsrat und IG Metall die Bosch-Geschäftsführung auf, sich für eine gesicherte Zukunft für die deutschen Standorte einzusetzen als einseitig nur auf Stellenabbau und Verlagerung ins Ausland zu setzen. Im November wurde der Betriebsrat und die Belegschaft über ein weiteres geplantes Maßnahmenpaket zum Arbeitsplatzabbau beim Geschäftsbereich XC informiert.

Der Betriebsratsvorsitzende Stefan Tenhagen fordert vor den Beschäftigten vom Bosch-Management die Vermittlung einer Aufbruchstimmung statt einer depressiven Abwärtsspirale. Die Standorte müssten fit für die Zukunft gemacht werden. Tenhagen: „Zukunftstechnologien müssen in Deutschland entwickelt und produziert werden“.

Anfang 2024 sei seitens des Arbeitgebers bereits ein Personalabbauprogramm initiiert worden, mit dem 950 Stellen in Deutschland bis Ende 2025 abgebaut werden sollten. Dabei galt der Geschäftsbereich vor wenigen Jahren noch als der Bereich mit Zukunftsprodukten und -projekten mit großen Wachstumschancen. Erst in Jahr 2022 wurden mit viel Aufwand 2500 zusätzliche Entwickler in Deutschland eingestellt, um dieses Potenzial zu heben, davon auch viele in Renningen.

Viele Proteste und Aktionstag mit 12 000 Teilnehmern

Nach vielen Protesten der Beschäftigten und einem Aktionstag auf der Schillerhöhe mit 12 000 Teilnehmern konnte eine Vereinbarung geschlossen werden, die einen geringeren Stellenabbau und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2029 zum Ergebnis hatte. Der Betriebsratsvorsitzende Stefan Tenhagen schilderte, dass durch diese Vereinbarung noch bis vor kurzem die Hoffnung bestand, dass die Zukunftsperspektiven weiterhin berechtigt seien. „Jetzt sind wir in sehr großer Sorge, dass aus Kostengründen nicht nur die Arbeitsplätze der Mitarbeiter gefährdet werden, sondern auch die Zukunftsfähigkeit unserer Standorte in Frage gestellt wird“, so der Betriebsratsvorsitzende.

Stefan Tenhagen: „Wir fordern das Unternehmen auf, seine Entscheidungen zu überdenken und nach alternativen Lösungen zu suchen, die sowohl die Interessen der Mitarbeiter als auch die Innovationsfähigkeit berücksichtigt und damit unsere Arbeitsplätze in Deutschland sichern. Es ist an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen und die Mitarbeitenden wieder als wertvolle Ressource anzuerkennen, anstatt sie als Kostenfaktor zu betrachten. Wir vermissen hier eine kritische Selbstreflektion der Verantwortlichen.“

Nora Leser von der IG Metall vertrat die Auffassung, dass es aktuell nicht den Anschein habe, als dass die Unternehmen Interesse daran hätten, Beschäftigung in Deutschland abzusichern.

Die Betriebsräte in allen betroffenen Betrieben schlugen unterschiedliche Strategien vor, um Standorte zu sichern, so bei Bosch, VW oder ZF, erklärte Leser. Aber die Unternehmensleitungen verweigerten sich, darüber zu reden. Sie kündigten langjährige Tarifverträge bei VW, würden 14000 Stellen bei ZF streichen und konfrontierten Belegschaft und Betriebsrat häppchenweise mit Stellenabbaumaßnahmen wie bei Bosch.

Info: Der Geschäftsbereich XC ist innerhalb der Mobilitätssparte von Bosch verantwortlich für ein ganzheitliches Portfolio. Dieses reicht von zuverlässigen Außen- und Innenraumsensoren wie Kameras, Radar- und Ultraschallsensoren bis hin zu leistungsstarken Fahrzeugcomputerplattformen. Dazu gehören modernste Software- und Service-Lösungen. Dieses umfasst erstklassige Produkte für assistiertes und automatisiertes Fahren und Infotainment im Fahrzeug.

Die Beschäftigten in Deutschland, überwiegend Entwicklungs- und Software-Ingenieure, sind über 5 Standorte mit jeweils unterschiedlichen Kompetenzschwerpunkten verteilt (Abstatt, Leonberg, Renningen, Schwieberdingen und Hildesheim).

In Renningen ist aktuell ein wesentlicher Teil der Entwicklung für die leistungsstarken Fahrzeugcomputer-Plattformen und spezielle Komponenten für das assistierte und automatisierte Fahren angesiedelt.