Sindelfingen: Ein „Schlachtfest“ für Briefmarkensammler
Sindelfingen. Was tun, wenn man als Schüler einst Briefmarken sammelte, doch das Hobby im Lauf der Zeit aus den Augen verlor und nun plötzlich als Rentner eine Riesensammlung erbt und nicht weiß, wohin damit? So erging es dem Sindelfinger Karsten G., dessen Schwiegervater fast manisch Deutsches und „alle Welt“ sammelte, doch zu Lebzeiten nicht mehr dazu kam, alles sinnvoll zu strukturieren.
Nun hinterließ er seinen Nachkommen eine über 300 Alben umfassende Sammlung mit Steck- und Vordruckalben (auf etwa 15 Regalmeter) plus kiloweise „Loses“ in Tüten und Kartons, wo noch etwas „Hand anzulegen“ gewesen wäre (sprich: von Papier abzulösen, zu trocknen und zu glätten und einzuordnen).
Kein Interesse trotz Anfrage
Weder Sammler aus seinem Bekanntenkreis noch angefragte Händler oder Auktionsfirmen, an die sich Karsten G. in seiner Not wandte, zeigten Interesse an einer Übernahme mit zeitintensiver Sortierarbeit - Originalton: „Nicht einmal geschenkt!“ Da fiel dem verzweifelten Erben ein, dass es auch einen örtlichen Sammlerverein gibt, mit dem er Kontakt aufnahm und um Rat fragte.
Der Sindelfinger Gruppenleiter des Württembergischen Philatelistenvereins 1882, Siegfried Mistele, verschaffte sich einen Überblick, dachte nach und schlug vor, zum Abverkauf der einzelnen Alben ein einmaliges „Sammler-Schlachtfest“ in der fast leergeräumten, aufzulösenden Wohnung des Erblassers zu veranstalten.
Dutzende Philatelisten kamen
Der Erbe stimmte zu. Gesagt, getan. Der WPhV’ler schrieb eine Mail an etwa 120 ihm bekannte Sammleradressen im Raum Stuttgart und bot kurzfristig an, an einem Samstag die Alben (mit Inhalt) an Ort und Stelle zu besichtigen und bei Gefallen zu einem Einheitspreis von 5 Euro pro Album zu erwerben. (Hätte der Sammlergigant seine Kollektion mit dem Wissen angelegt, das man in der Regel bei einem Verein wie dem WPhV erwirbt, wäre ein höherer Preis drin gewesen - doch er hatte aus Nachlässigkeit nie den Kontakt zu einem Verein oder Kollegen gesucht).
Die Alternativen
Das Aktions-Ergebnis: Dutzende von Philatelisten folgten der Einladung und innerhalb weniger Stunden gingen mehr als 200 Alben (möglicherweise auch mit einzelnen, nicht sofort erkennbaren wertvollen Überraschungsfunden) über den Tisch - was so nicht vorauszusehen war und positiv überraschte.
Die Alternativen für den Erben wären gewesen, als Spende an eine soziale Organisation für den Transport/Versand extra investieren zu müssen. Oder für die Vernichtung nicht sortenreinen Sondermülls beim Wertstoffhof ebenfalls zur Kasse gebeten zu werden. Das „Schlachtfest“ dagegen kostete ihn fast nichts (der Verein erhält eine angemessene Spende) und das Ganze kann als gelungener Versuch gewertet werden, bei dem alle Beteiligten etwas davon haben.
Nun geht es darum, auf kreative Art den Rest des Materials „unter die Leute“ zu bringen, was man per Internet in die Wege leiten will. Bei Fragen zum Thema: Mail an sindelfingen@wphv.de