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Matchball um 1.40 Uhr in der Nacht

Zwei Gärtringer Tischtennisspieler im französischen Tennis-Mekka in Paris

Thomas und Tim Holzapfel sahen in Roland Garros auch das Spiel von Alexander Zverev gegen den Dänen Holger Rune.
Von Thomas Holzapfel
Stefan Mohr vor einer seiner beiden Magstadter Arbeitsstätten. Der 36-Jährige ist seit 1. Juni im Jugendhaus sowie in der Johannes-Kepler-Gemeinschaftsschule im Einsatz.

Stefan Mohr vor einer seiner beiden Magstadter Arbeitsstätten. Der 36-Jährige ist seit 1. Juni im Jugendhaus sowie in der Johannes-Kepler-Gemeinschaftsschule im Einsatz.

Bild: Reichert

Tennis. Tischtennisspieler stehen auch anderen Sportarten aufgeschlossen gegenüber. Zudem gibt es genügend Beispiele im Amateurbereich, bei denen die Ballkünstler nicht nur mit dem kleinen Plastikball, sondern auch mit dem größeren Filzball gut umzugehen wissen. Theorieunterricht auf höchstem Niveau absolvierten in den vergangenen Tagen die Gärtringer Thomas und Tim Holzapfel bei den French Open in Paris.  Die Eindrücke, die die beiden Mitglieder des TTV Gärtringen in der französischen Metropole aufsaugten, galt es erst einmal zu verarbeiten. „Die zwei Turniertage hatten es wirklich in sich“, sagt der 27-jährige Tim Holzapfel, der zuletzt mit der ersten Tischtennismannschaft des TTV den Abstieg aus der Verbandsliga verkraften musste. Und nun aber keineswegs daran denkt, die Sportart zu wechseln. „Ich habe mich schon immer für Tennis interessiert, schaue mir, wenn möglich, die Grand Slam-Turniere im Fernsehen an und spiele auch mal gelegentlich.“ Dementsprechend groß war die Vorfreude vor dem Besuch der French Open in der großen Anlage von Roland Garros am südlichen Rand des Bois de Boulogne in Paris.

20 Tennisplätze befinden sich im Stade Roland Garros, verteilt auf einer 12,5 Hektar großen Fläche. Glanzstücke sind die beiden jeweils etwa 15.000 Zuschauer fassenden Arenen, der Center Court im Stadion Philippe Chatrier, der nach dem ehemaligen Präsidenten des französischen Tennisverbands benannt ist sowie der zuletzt umgebaute Court Suzanne Lenglen, dessen Namensgeberin eine erfolgreiche französische Spielerin aus den 1920er Jahren war und der im Sommer Schauplatz der olympischen Boxkämpfe ist. Erst im Jahr 2019 eröffnet wurde der Court Simonne Mathieu mit einer Kapazität von 5000 Plätzen, der an seinen vier Seiten von botanischen Gewächshäusern umschlossen ist, auf zahlreichen anderen Plätzen kann man die Stars bei ihren Trainingseinheiten aus nächster Nähe beobachten, ebenso Doppel- und Mixedspiele verfolgen.

Auf der gesamten Anlage ist an einem regulären für viel Kurzweil gesorgt. Im „Garten der Musketiere“, wo auf einer Großleinwand die Partien in den beiden großen Arenen verfolgt werden können, bestaunt man zudem die Skulpturen der Stars, die die Geschichte des Stadions und des Turniers geschrieben haben, allen voran der Luftfahrtpionier Roland Garros und der 14-malige Turniersieger Rafael Nadal. Zwischen den Spielen lohnt ein Bummel über die Anlage, wo einem auch mal Tennislegende Mats Wilander über den Weg läuft oder man ein TV-Interview mit dem mittlerweile im Tennisruhestand befindlichen Franzosen Jo-Wilfried Tsonga verfolgen kann. Empfehlenswert ist auch ein Besuch des „Tenniseums“, des offiziellen Museums des Tennisverbands. Nicht gerade von Pappe sind die Preise im Souvenirshop, eine Basecap als Erinnerung an das Turnier kostet knapp 30 Euro, ein großes Badetuch schlappe 80 Euro.

Durchaus Verständnis zeigten die beiden Gärtner für den Bierpreis von 10 Euro pro halbem Liter. „Das Tennispublikum unterscheidet sich doch noch ein wenig vom Fußballpublikum, da muss nicht so exzessiv gefeiert werden“, meint Thomas Holzapfel. In diesem Jahr zogen die Veranstalter aufgrund des Fehlverhaltens einiger Fans Konsequenzen, Alkohol auf den Tribünen ist mittlerweile völlig tabu. „Auf den Rängen herrscht trotzdem eine gute Stimmung“, sagt Thomas Holzapfel, „wenngleich mancher Zwischenruf zu äußerst ungünstigen Momenten in der Konzentrationsphase der Spieler getätigt wird.“

Voll auf ihre Kosten kamen Vater und Sohn Holzapfel bei der Tagessession auf dem Court Suzanne Lenglen. „Im Zeitraum von morgens 11 Uhr bis abends 21 Uhr konnten wir vier Matches bestaunen“, sagt Tim Holzapfel, was den Preis von 130 Euro für ein Tagesticket einigermaßen ertragen ließ. Am Montag dieser Woche war tagsüber Sightseeing angesagt, bevor es dann zum abendlichen Event auf den Center Court ging. „Wir hatten Glück, dass an diesem Abend das Spiel von Alexander Zverev angesetzt war“, meinte Tim Holzapfel. Dessen Partie gegen den Dänen Holger Rune startete um 21:30, der Deutsche verwandelte den Matchball um 1:40 Uhr. „Das war ein Spiel und ein Ergebnis ganz nach unserem Geschmack“, meint Tim Holzapfel, der als gelernter Tischtennisspieler dennoch beiden Sportarten ihren besonderen Reiz abgewinnen kann: „Aus meiner Sicht ist beim Tennis das Gesamtpaket eines Sportlers wichtiger, weil man aufgrund der Spieldauer eine krasse Ausdauer benötigt, auch der Kraftaufwand ist höher.“ Im Tischtennissport, so meint der 27-jährige, kämen hingegen die extreme Geschwindigkeit und die verschiedenen Spielstile mehr zur Geltung. Außerdem sei Tennis als Outdoor-Sportart im Sommer reizvoller, wohingegen man Tischtennis eher noch im höheren Alter auf starkem Niveau spielen könne. „Timo Boll mit seinen 43 Jahren ist ein passendes Beispiel.“

Die Spiele der French Open werden von Eurosport übertragen. Am Samstag steigt das Frauenfinale, am Sonntag wird im Endspiel der Männer der Nachfolger von Vorjahressieger Novak Djokovic ermittelt.