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"Ich hab's noch nicht ganz begriffen"

Der Böblinger Rollstuhlfechter Maurice Schmidt holt Paralympics-Gold für Deutschland

Der Mann der SVB aus Aidlingen setzt sich beim Säbelturnier im Grand Palais von Paris in der Nacht auf Mittwoch die Krone auf.
Von Jürgen Wegner und Philipp Hamann
Maurice Schmidt ist im Grand Palais von Paris am Ziel seiner Sportlerträume.Bild: picture alliance/dpa

Maurice Schmidt ist im Grand Palais von Paris am Ziel seiner Sportlerträume.Bild: picture alliance/dpa

Bild: picture alliance/dpa

Paralympics. Gold für Deutschland: Für Maurice Schmidt, Rollstuhlfechter der SV Böblingen, ist bei den Paralympics in Paris ein Sportlertraum wahr geworden. Im Prachtbau des Grand Palais von Paris waren seine Jubelschreie nach dem Finalsieg gegen Piers Gilliver aus Großbritannien bis in die letzte Reihe zu hören. Es war das Traumende einer Nervenschlacht, denn statt wie vorgesehen um 21.40 Uhr startete das Finale erst um 23.05 Uhr.

Der Brite hatte nach der ersten Runde noch mit 8:7 vorne gelegen. Nach einer kurzen Unterbrechung zündete Maurice Schmidt dann aber den Turbo, setzte acht Treffer nacheinander. Mit einem 15:8 hatte der 25-Jährige Gold gewonnen. „Das war ein unglaublicher Moment“, sagte Schmidt nach seinem Finalduell: „Ich hab’s noch nicht ganz begriffen. Dass es so gut funktioniert, gerade nach der Pause – jede Aktion hat gepasst und plötzlich waren 15 Punkte auf meinem Konto.“

In Tokio noch Zehnter

In Tokio hatte der Student 2021 im Säbel und Degen noch jeweils den zehnten Platz belegt. National und international hat der mit Dysmelie geborene Athlet reihenweise Erfolge gefeiert. Bei den Paralympics in Paris erreichte er den Sportler-Olymp. „Ich habe genau gehört, wie meine Freundin geschrien hat. Das hat mir auch nochmal Power gegeben fürs Finale“, sagte Schmidt. „Ich weiß nicht, was heute passiert ist, es lief einfach alles perfekt. Es hat jede Aktion geklappt. Was ich geplant habe, hat funktioniert. Ich hatte auch komplettes Selbstvertrauen“, sagte Schmidt im Sportschau-Interview nach seinem Gold-Coup.

Die sportliche Analyse von Maurice Schmidt: „Im Finale war der Gegner, glaube ich, auch ein bisschen überfordert mit mir, weil er sonst anders gegen mich fechten kann. Aber hier und heute hat alles geklappt. Ich habe ihn einfach fertig gemacht. Ich bin allen dankbar für alle, die mich unterstützt haben. Ich kann es noch immer nicht glauben. Ich habe keine Worte dafür momentan.“

"Intelligent gefochten"

„Maurice hat intelligent gefochten. Er hat alles umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten“, sagte Bundestrainer Alexander Bondar in der Nacht auf Mittwoch in der Sportschau, der seinen Schützling allerdings für das „Danach“ etwas einbremsen musste. „Er wollte eigentlich heute schon feiern, aber ich habe ihm gesagt, dass es noch einen Wettkampf gibt und ein Doppelpack besser ist. Da wird Maurice niemand mehr unterschätzen.“

Der Mann von der SVB hatte zunächst gegen den US-Amerikaner William Schoonover mit 15:3 gewonnen. Im Viertelfinale war es schon happiger, aber auch hier gab es gegen den Ungarn Richard Osvath einen 8:0-Lauf und dann den 15:10-Sieg. Nach dem 15:12 gegen den Chinesen Jianquan Tian war eine Medaille schon sicher. Am Ende wurde es Gold für Deutschland. Am Freitag geht es für Maurice Schmidt im Degen-Wettbewerb weiter.

Vater Uwe und Mutter Angelika drückten auf der Tribüne in Paris die Daumen und waren am Mittwochmorgen noch sprachlos vor Glück. „Ich kann das gar nicht in Worte fassen, dass war ein unbeschreibliches Gefühl. Einfach ein toller Moment“, sagt Uwe Schmidt. Erst nach drei Stunden konnten Uwe und Angelika ihren Sohn auf dem Parkplatz vor dem Grand Palais gratulieren „Wir haben uns kurz Hallo gesagt, dann wurde Maurice auch schon mit einem Transporter ins Olympischen Dorf gebracht“, sagt Uwe Schmidt. Der Aidlinger kann sich daher eine leise Kritik an den Organisatoren nicht verkneifen. „Es ist traurig, dass die engsten Verwandten drei Stunden warten müssen um ihren Sohn kurz zu sehen“, sagt Uwe Schmidt.
Am Freitagabend nach dem Degen-Wettbewerb sieht es besser aus. „Da haben wir nach dem Wettkampf eine Einladung ins Deutsche Haus .Da werden wir Maurice hoffentlich etwas länger sehen“, sagt Uwe Schmidt. Die Eltern reisen am Samstag zurück. Der Paralympics-Sieger kommt er am Montag wieder nach Aidlingen.

"Der Landkreis ist stolz auf Sie"

Der Böblinger Landrat Roland Bernhard gratuliert dem Paralympics-Sieger Maurice Schmidt in einem persönlichen Brief. Darin heißt es unter anderem: „Ich freue mich sehr mit Ihnen, denn Sie haben seit früher Jugend sehr viel fleißige, disziplinierte und harte Arbeit in diesen Sport gesteckt. Diesen Erfolg haben Sie sich wie kein anderer verdient.“ Handschriftlich hat Roland Bernhard noch hinzugefügt: „Der Landkreis ist stolz auf Sie.“