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Sindelfinger OB-Wahlkampf

Kleemann und Reinhardt auf Konfrontationskurs

Die Kandidaten für die Sindelfinger Oberbürgermeister-Wahl am 11. Mai Max Reinhardt und Markus Kleemann treffen in der CGM-Geschäftsstelle aufeinander.
Von Matthias Staber
In der Geschäftsstelle des Bezirksverbands Herrenberg-Böblingen der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) haben sich die Kandidaten für die Sindelfinger Oberbürgermeister-Wahl Markus Kleemann und Max Reinhardt den Fragen des CGM-Bezirksverbandsvorsitzenden Dirk Junger und des Publikums gestellt.

In der Geschäftsstelle des Bezirksverbands Herrenberg-Böblingen der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) haben sich die Kandidaten für die Sindelfinger Oberbürgermeister-Wahl Markus Kleemann und Max Reinhardt den Fragen des CGM-Bezirksverbandsvorsitzenden Dirk Junger und des Publikums gestellt.

Bild: Staber

Sindelfingen. Markus Kleemann verspricht, sich als Oberbürgermeister mit einer Arbeitszeit von 80 bis 100 Stunden pro Woche für Sindelfingen einzusetzen. Maximilian Reinhardt möchte Künstliche Intelligenz in der Stadtverwaltung einsetzen. Ein „100-Millionen-Euro-Spaßbad“ will keiner dieser beiden Kandidaten für die Wahl zum Sindelfinger Oberbürgermeister am 11. Mai, die sich in der Geschäftsstelle der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) den Fragen von Dirk Junger und des Publikums gestellt haben.

Dass sich ein Oberbürgermeister „zwischen 80 und 100 Stunden pro Woche“ für das Wohl seiner Kommune einsetzen müsse, „ist doch völlig klar“, sagt Markus Kleemann, Jahrgang 1984: „Die Stadt geht immer vor.“ Kein Bürger soll länger als drei Tage auf eine Antwort warten müssen: Diese Maßgabe habe er im Rathaus von Oberstenfeld eingeführt, wo der CDU-Politiker seit 2015 als Bürgermeister die Gemeindeverwaltung leitet.

„Dass ich mit gutem Beispiel voran gehe und am Wochenende E-Mails beantworte, versteht sich von selbst“, so Markus Kleemann. Denn „Menschenführung ist eine der Hauptaufgaben eines Oberbürgermeisters“, so der 2023 wiedergewählte Bürgermeister von Oberstenfeld: „Und dazu gehört es, Menschen dazu zu bringen, etwas mehr zu tun, als man eigentlich müsste.“

Unter anderem die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz (KI) prüfen, „Bürgeranfragen auch außerhalb der Geschäftszeiten aufzunehmen“, möchte Max Reinhardt, um Prozesse der Stadtverwaltung „effizienter, digitaler, schneller und bürgerfreundlicher“ zu machen. Personalführung hält der FDP-Stadtrat ebenfalls für entscheidend im Job eines Oberbürgermeisters: „Dazu braucht es vor allem zwei Dinge: eine gute Delegation von Entscheidungsbefugnissen“, so der Jurist, „und eine Projekt-Struktur für Querschnittsthemen.“ Dazu gehöre auch eine entsprechende „Rathaus-Kultur“, so der 1999 in Sindelfingen geborene FDP-Stadtrat und Kreisrat: „Es geht darum, das Leben der Sindelfinger jeden Tag ein bisschen besser zu machen.“

Eine Entbürokratisierung der Abläufe und Strukturen im Sindelfinger Rathaus halten sowohl Markus Kleemann als auch Max Reinhardt für wichtig. „In Sindelfingen läuft vieles gut, und auf einiges kann man hier stolz sein“, so Markus Kleemann: „Aber die Stadtverwaltung muss man nach vorne bringen.“ Die Sindelfinger Verwaltung „ist zu langsam, zu bürokratisch und sie packt zu wenig an“, so der Verwaltungs-, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler. Die Stadtverwaltung müsse sich als „Dienstleister für den Bürger“ verstehen, so Max Reinhardt. Seit zehn Jahren optimiere er als Bürgermeister die Prozesse im Rathaus von Oberstenfeld, sagt Markus Kleemann: „Das geht nicht von heute auf morgen: Man braucht ein bis zwei Jahre, bis die Prozesse so sind, wie wir sie haben wollen.“

Einig gegen ein 100-Millionen-Euro-Spaßbad

Den Fachkräftemangel bei der Kinderbetreuung „löst keine Kommune alleine“, sagt Markus Kleemann. Gleichwohl habe er als Bürgermeister von Oberstenfeld „einen Blumenstrauß an Maßnahmen“ auf den Weg gebracht, um das Thema anzugehen. Dabei sei es „oberste Priorität, das vorhandene Personal in den Kindergärten zu halten.“ Gute Erfahrungen habe er mit Obstkörben für die Mitarbeiter, regelmäßigen Besuchen des Bürgermeisters in den Einrichtungen und „Team-Events, zum Beispiel jährliche Ausflüge“ gemacht, so Markus Kleemann. „Ich glaube nicht, dass wir den Fachkräftemangel bei der Kinderbetreuung mit Obstkörben lösen werden“, so Max Reinhardt.

„Sindelfingen hält zu wenig Gewerbefläche für große Unternehmen vor“, so Max Reinhardt: „Wir brauchen eine Wirtschaftsflächen-Strategie.“ Acht Potenzialflächen hätten Sindelfinger Stadtverwaltung und Gemeinderat bereits 2019 identifiziert, so Max Reinhardt: „Eine Strategie, diese Potenzialflächen zu entwickeln, muss endlich umgesetzt werden.“ Sindelfingen sei ein „großartiger Wirtschaftsstandort, der allerdings stark von der Automobil-Industrie abhängt“, so Max Reinhardt, der die Wichtigkeit von Mercedes für Sindelfingen betont: „Ich komme selbst aus einer Mercedes-Familie. Ohne einen engen Draht zu Mercedes wird es auch in Zukunft nicht gehen.“ Allerdings müsse sich der Wirtschaftsstandort Sindelfingen „ein bisschen unabhängiger von der Automobil-Industrie machen“, so Max Reinhardt: „Und dafür braucht es Gewerbeflächen, auf denen sich auch größere Unternehmen ansiedeln können.“ Ohnehin müsse Sindelfingen „an die Bebauungspläne aus den Dreißiger-, Vierziger- und Fünfzigerjahren ran“.

Ein Oberbürgermeister „braucht zwar Visionen, muss aber realistisch bleiben“, sagt Markus Kleemann, der eine Zukunft Sindelfingens als Hochschulstandort für unrealistisch hält – im Gegensatz zu Max Reinhardt. Anders als etwa Heilbronn habe „Sindelfingen keine Mäzene, die Milliarden in die Hochschule pumpen“, so Markus Kleemann. Zudem würde eine Hochschule ein wichtigeres Problem verschärfen: „Die Suche nach bezahlbarem Wohnraum sehe ich jetzt schon als eines der größten Probleme Sindelfingens in der Zukunft.“

Kontroverse bei Hochschul-Ansiedlung

Sindelfingen als Hochschulstandort sei nicht nur mit Mäzenen möglich, sagt hingegen Max Reinhardt – nachdenken können man zum Beispiel über eine Finanzierung durch Familienstiftungen. Das Problem bezahlbaren Wohnraums möchte Max Reinhardt mit Hilfe der Wohnstätten Sindelfingen angehen: Die städtische Gesellschaft müsse so „programmiert werden“, dass „modulares, serielles Bauen“ auf die Tagesordnung komme – auf diese Weise könne sich, unter anderem auf den Dächern freistehender Garagen aus den Fünfziger-, Sechziger- und Siebzigerjahren, schnell günstiger Wohnraum schaffen, so die Idee von Max Reinhardt.

Einig sind sich Markus Kleemann und Max Reinhardt darüber, dass es in Sindelfingen kein „100-Millionen-Euro-Spaßbad“ geben darf. „Sindelfingen muss seine Ausgaben priorisieren“, sagt Max Reinhardt: „Und oberste Priorität müssen Investitionen haben, die den Wirtschaftsstandort stärken.“ Dass in das Sindelfinger Bad investiert werden müsse, sei klar, sagt Markus Kleemann: „Aber ein Spaßbad in dieser Form braucht es nicht: Da gibt es andere Möglichkeiten.“