Natürlich schwäbisch und ohne Verpackung
Gärtringen. In den letzten drei Jahren hat sich Horst Gruber einen Namen gemacht. Oder zumindest haben ihn viele Bürger bildlich vor dem Auge, wenn er mit seinem „Kütschle“, wie er es liebevoll nennt, auf Wochenmärkten und anderen zentralen Stellen seine Artikel anpreist. „O’verpackts“ steht in großen Lettern auf seinem Piaggio. Genau das ist das Motto des 62-jährigen Gärtringers: Alles natürlich schwäbisch und ohne Verpackung.
„Eigentlich wollte ich nur was mit Gewürzen machen, ich liebe Gewürze“, sagt Hobbykoch Horst Gruber und denkt an die Anfangszeit auf seinem Weg in die Selbständigkeit zurück. Das war 2021, mitten in der Pandemie. Vier Jahrzehnte arbeitete der gebürtige Gärtringer zuvor als Heizungsmonteur, ehe ihn ein „Schuss vor den Bug“ kurzzeitig aus der Bahn warf und ihn zum beruflichen Umdenken zwang. „Den Gedanken, einen Laden aufzumachen, verwarf ich schnell wieder“, erinnert sich Gruber, „und als ich mal aus dem Küchenfenster blickte und einen Piaggio-Kleintransporter vorbeidüsen sah, war mir klar, das ist es.“
Die Massen an Verpackungsmüll und die Menschentrauben auf dem Wertstoffhof waren Horst Gruber schon immer ein Dorn im Auge. „Mir ist auch klar, dass es ohne Plastik nicht geht, aber man kann das Ganze ja auf ein Minimum reduzieren“, meint er. Und zuweilen komme ihm das Ökoverhalten mancher doch etwas „scheinheilig“ vor. „Jeder wird nachdenklich, wenn er Fotos von einem Delfin mit Haarshampoo-Flasche in der Schnauze sieht, aber dann werden beim Einkauf auf dem Markt reihenweise die Plastiktüten vollgestopft.“ Aber es liege ihm fern, diesbezüglich den Moralapostel zu spielen. „Mit meinem mobilen Verkaufsstand möchte ich hauptsächlich das Bewusstsein der Leute schärfen. Es sollte doch möglich sein, selbst eine Tupperdose, ein Einmachglas oder seine Pfeffermühle mitzubringen.“ Viele seiner Kunden hätten das Prinzip längst verinnerlicht und bei anderen hilft er gerne nach. „Notfalls spendiere ich ein Behältnis. Oder man ist kreativ, neulich hat mal einer 150 Gramm in seine gerade gekauften Socken gefüllt.“
Strenger Qualitätsanspruch
Wenn er in seinem kleinen, spritzigen Foodtruck steht, den er in der Pfalz nach eigenen Vorstellungen konstruieren ließ, könnte man meinen, auf Grund des üppigen Sortiments in den gut gefüllten kleinen Regalen wäre das Fahrzeug schnell an der Kapazitätsgrenze angelangt. „Von manchem modernen Zeug halte ich etwas Abstand, man muss nicht jedem Tipp nachgehen“, meint er. Generell habe er von Anbeginn an einen strengen Qualitätsanspruch gesetzt, weshalb es ihm der Aufwand wert ist, dem Gewürzhändler in Bremen oder dem Imker in Blaubeuren einen Besuch abzustatten, um an die Ware zu kommen. „Die südafrikanische Gewürzmischung Chakalaka aus Paprika, Kurkuma und Korianderkraut ist der Renner“, meint Horst Gruber. Gut laufen würden auch Trockenfrüchte, Mehl von der Horber Walzmühle und vom Kuppinger Hofladen Stöffler oder die Kaffeebohnen aus der Gültsteiner Privatrösterei. Und dann wären da noch die gefriergetrockneten Himbeeren und die spezielle „Schwäbische Mischung“ von Deutschlands ältester Bonbonfabrik aus Vaihingen/Enz, einem Fruchtgummi-Mix in Form des Fernsehturms, als Maultaschen oder Pärle Saiten.
„Ich weiß, wo alles herkommt und wie es produziert wird“, bekräftigt Horst Gruber. Auch das Mindesthaltbarkeitsdatum sei kein Problem. „Es werden nur kleine Chargen gekauft, wo ich weiß, das kommt auch unter die Leute.“ Dementsprechend überschaubar sei sein Lager in den Kellerräumen der Gärtringer Wohnung.
Mit dem mobilen Unverpackt-Laden hat Horst Gruber seine Leidenschaft gefunden. „Ich habe diesen Schritt nicht bereut“, sagt der 62-Jährige mit Nachdruck. Bis zu sieben Mal in der Woche ist er mit seinem Gefährt in Aidlingen, Sindelfingen, Horb und anderen Gemeinden präsent, bei Bedarf kommt er auch mal spontan an einem gewünschten Ort vorbei. „Außer bei Windstärke drei“, sagt er und lächelt, „beim Piaggio ist die Aerodynamik nicht ganz optimal.“
Die finanziellen Gründe seien es nicht, die Horst Gruber in seiner Arbeit motivieren. „Manchmal kommt man an einem Tag null auf null raus“, sagt er. Vielmehr sei es ja auch „eine gewisse Art von Entwicklungshilfe“, die er betreibe. Und die sozialen Kontakte und zahlreichen Gespräche mit „vielen lieben Kunden“ würden ihm ebenso Erfüllung geben. „Da darf man auch mal als Kummerkasten herhalten.“ Dass seine Lebensmittel etwas mehr kosten als in herkömmlichen Läden, ist dem Großteil der Kunden bewusst. „Wenn jemand am Honig rumbruddelt, empfehle ich demjenigen, diesen doch beim Discounter zu kaufen. Dann braucht er nachts keine Extra-Beleuchtung mehr“, sagt er mit schwäbischem Humor. Und er verweist auf einen Spruch, den er sich in den letzten Jahren verinnerlicht hat: „Bevor ich mich aufrege, ist es mir egal.“ Den Spaß an seinem Job lässt er sich dadurch nicht nehmen. „Ich mach das, bis der Deckel zufällt.“
Informationen zum rollenden „O’verpackt“-Mobil gibt es im Internet unter www.keine-verpackung.de.