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Beide Opfer sind 44 Jahre alt

Sindelfingen: 53-Jähriger erschießt zwei Menschen in der Factory 56

Das Motiv für die Schüsse bleibt unklar, die Spurensicherung durchkämmt die Halle, während die Produktion dort gestoppt wird.
Von Jürgen Wegner

Sindelfingen. Um 7.44 Uhr geht der erste von mehreren Notrufen ein. Momente zuvor hatte ein 53-Jähriger während der Frühschicht in der Factory 56 des Mercedes-Werks Schüsse auf zwei 44-Jährige abgegeben. Noch im Werk stirbt einer der beiden Männer. Der andere wird in eine Klinik geflogen. Kurz nach 11 Uhr ist es traurige Gewissheit: Auch er erliegt seinen Verletzungen.

Der Werkschutz agiert schnell. Laut Einsatzprotokoll ist der Täter vier Minuten nach dem ersten Notruf überwältigt. Trotzdem rückt die Polizei mit einem Großaufgebot an, die Lage ist unklar. Genaue Einsatzzahlen nennt Polizei-Pressesprecher Steffen Grabenstein "aus einsatztaktischen Gründen" nicht. Das Spezialeinsatzkommando (SEK) wird informiert, rückt aber entgegen erster Gerüchte nicht aus. Einsatzkräfte des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, das mit seinen Revieren im Kreis Böblingen auch für Sindelfingen zuständig ist, übernehmen. Die ersten Streifen aus unmittelbare Nähe sind sofort fort Ort.

Hier geht es zum Artikel Stand 11.30 Uhr Zwei Tote nach Schießerei im Mercedes-Werk

Beim Schützen und den beiden Opfern handelt es sich um Mitarbeiter des externen Logistikdienstleiters Rhenus. Wie die Schusswaffe, zu der es von Polizei und Staatsanwaltschaft keine nähere Angabe gibt, ins Werk kam, ist ebenso Stand der Ermittlungen wie das Tatmotiv. Dazu laufen die Ermittlungen und Befragungen.

Factory 56 wird evakuiert

Diese beginnen sofort, nachdem die Factory 56 geräumt wurde, in den anderen Gebäuden und Hallen des Werks läuft der Betrieb weiter. Die Polizei sperrt innerhalb der Werks-Geländes den Tatort ab. Außerhalb gibt es keine Straßensperren. Nüchtern betrachtet ist es für die Ermittlung von Vorteil, dass es sich um ein abgegrenztes Areal handelt. Unter anderem bleibt deshalb der Polizeihubschrauber am Boden.

In die Luft steigt dagegen ein Rettungshubschrauber. Auch ein Notarzt der Deutschen Rettungsflugwacht landet wenige hundert Meter entfernt auf der Teststrecke um gegebenenfalls Verletzte abzutransportieren. Nach Verletzen suchen außerdem die Polizisten in der evakuierten Factory 56, während sich konzerneigenes Betreuungspersonal und der Rettungsdienst vor der Halle und auf dem Parkplatz neben dem Parkhaus am Niederen Wasen psychologisch um Mitarbeiter aus dem Werk kümmert.

Angehörige melden sich im Krankenhaus

Im Sindelfinger Krankenhaus melden sich Angehörige von Mercedes-Mitarbeitern, die wissen wollen, ob ihren Angehörigen etwas zugestoßen ist. Das behindere den Betrieb, heißt es bei der Klinikverwaltung. "In den Krankenhäusern des Klinikverbundes Südwest sind keine Verletzten aus dem Mercedes-Werk untergebracht", sagt denn auch der Verbund-Sprecher Ingo Matheus. Zum Klinikverbund Südwest gehören die Krankenhäuser in Sindelfingen, Böblingen, Leonberg, Herrenberg, Calw und Nagold.

Weitere Polizisten nehmen vor der Factory 56 Personalien auf. "Alle Mitarbeiter sind potenzielle Zeugen", sagt Steffen Grabenstein. Die Frühschicht wird dann nach Hause geschickt. Zur Mittagszeit ist klar, dass auch die Spätschicht an diesem Donnerstag ausfällt. Derweil durchkämmt die Spurensicherung der Polizei die Produktionshalle, und Steffen Grabenstein gibt vor lokalen und überregionalen Fernsehsendern, die jetzt auch angerückt sind, Stellungnahmen ab.

"Bestürzt und geschockt"

Die Pressestelle von Mercedes-Benz verweist auf die Polizei, die ihre Statements mit der Staatsanwaltschaft abstimmt. Allerdings heißt es auch: "Die tragischen Nachrichten haben uns zutiefst bestürzt und geschockt. Unsere Gedanken sind bei den Opfern, ihren Angehörigen und allen Kolleginnen und Kollegen vor Ort." Sindelfingens Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer: „Mit Entsetzen habe ich von den Schüssen erfahren. Mein tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der beiden Todesopfer. In diesen schweren Stunden wünsche ich ihnen viel Kraft. Zudem sind meine Gedanken bei den betroffenen Mitarbeitenden, die die Tat miterlebt haben. Ich bedanke mich bei allen beteiligten Einsatzkräften für ihr großes Engagement. Sie haben in dieser Situation schnell und umsichtig gehandelt.“

Landrat Roland Bernhard wurde vom früheren Standortverantwortlichen Michael Bauer, inzwischen Produktionschef für Europa und Afrika, frühzeitig informiert. Er äußerte sich bestürzt. „Meine Gedanken sind in erster Linie bei den Angehörigen, ihnen spreche ich ganz persönlich und im Namen des Landkreises mein und unser tiefes Mitgefühl aus“, so Bernhard. „Ich danke dem Werkschutz und den Kräften der Polizei, die mit ihrem schnellen und umsichtigen Handeln dafür gesorgt haben, dass die Lage zügig unter Kontrolle war.“