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Ungewöhnlicher Gast bei der GDS1

Sindelfingen: Ein Aussteiger aus der Neonazi-Szene

Es war ohne Zweifel ein weiter Weg, den der Gast vor die Schülern und Schülerinnen der Gottlieb-Daimler-Schule 1 geführt hat. Nicht nur geografisch, sondern auch biografisch. In den 90er Jahren fand der norddeutsche Philip Schlaffer weder Zuhause noch in der Schule Halt.
Von Peter Maier
Philip Schalffer erzählten den Schülerinnen und Schüler der GDS1 wie er den Ausstieg aus der Neonazi-Szene und dem kriminellen Milieu. Bild: z

Philip Schalffer erzählten den Schülerinnen und Schüler der GDS1 wie er den Ausstieg aus der Neonazi-Szene und dem kriminellen Milieu. Bild: z

Sindelfingen. Er fühlte sich von der gewalttätigen Neonazi-Szene angezogen, die ihm das Gefühl gab, endlich irgendwo dazuzugehören. Dies führte zu einer schnellen Radikalisierung, die von Ausländerhass, Nationalismus und blindem Glauben an das "Dritte Reich" geprägt war.

Als Anführer der rechtsradikalen "Kameradschaft Werwölfe Wismar" verbreitete Schlaffer schließlich Rechtsrock im Internet und war in Alkohol, Gewalt gegen "Fremde" und Auseinandersetzungen mit der Polizei verwickelt. Ein grausamer Mord in seinem Umfeld führte zu einem Umbruch in seinem Leben aber nicht zu einer Läuterung. Schlaffers kriminelle Karriere setzte sich in Wismar fort, wo er als Anführer des berüchtigten Rockerclubs "Schwarze Schar Wismar" in Drogenhandel und Wohnungsprostitution verwickelt war. Schließlich wurde der Fahndungsdruck zu groß, und Schlaffer beschloss, im Gefängnis aus der Kriminalität und dem Extremismus auszusteigen.

Einen Tag nachdem er seine Entscheidung bekannt gab, aus dem Milieu auszusteigen, hatten sich seine damaligen Freunde bereits seine Geschäfte aufgeteilt und beschlossen ihn als Person fortan zu schneiden. Der scheinbar so anerkannte und harte Mann war von einem Tag auf den anderen völlig auf sich allein gestellt. Von über 20 Jahren im rechtsradikalen und kriminellen Milieu blieb nur Einsamkeit und ein bitterer Nachgeschmack. Fortan wollte er sein altes Leben hinter sich lassen und sich aktiv gegen Hass, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit einsetzen. So führte ihn sein Weg zur Gottlieb-Daimler-Schule I, wo der den Schülerinnen und Schülern von seinem Lebensweg erzählte und sich ihren Fragen stellte. Seine Kernbotschaft, dass im Leben jeder Fehler machen darf, kommt an: Am Ende suchen die Schülerinnen und Schüler das Gespräch mit dem Gast und machen Fotos mit ihm, obwohl sie über vieles in seiner Lebensgeschichte sichtbar entsetzt waren.

Ermöglicht wurde die Veranstaltung durch die Friedrich-Naumann-Stiftung und die Schulsozialarbeit der GDS1. Ihnen gilt unser herzlicher Dank für den gelungenen Nachmittag.