

Sindelfingen / Calw / Stuttgart. Äpfel, garantiert 100-prozentig Bio, einmal nicht zum Verzehr gedacht sondern zu Kunstwerken kreiert. Diese Idee kam den gebürtigen Sindelfingern Achim Großmann und Silvia Eisele beim Spaziergang über die Streuobstwiesen auf dem Herrenwäldlesberg. Von Freitag bis Sonntag sind ihre Arbeiten bei der Kunstmesse „Arte Fusion“ in der Stuttgarter Messe zu sehen.
Wochenlang sammelten sie tausende geeigneter Äpfel. Vom Gras befreit, gereinigt und nach Größen sortiert, wurden sie nun getrocknet. Die Entfeuchtungsgeräte liefen nonstop, und während des zweimonatigen Trocknungsprozesses dufteten die Atelierräume immer mehr nach Mosterei. Die halbe Zeit waren die Künstler damit beschäftigt, die unterschiedlichsten Insekten ins Freie hinauszubegleiten. „Unsere Räume waren noch nie so mit Leben erfüllt“, betont Achim Großmann. Alles andere künstlerische Arbeiten kam zum Erliegen (Bilder: Ars Cubis).
Um sie dauerhaft haltbar zu machen, wurden die dehydrierten Äpfel abschließend denaturiert. Das Resultat, das sich den Künstlern bot, war der faszinierende Anblick tausender Streuobstwiesenäpfel verschiedenster Sorten. Pilze und Bakterien, die sich der Äpfel im feuchten Gras liegend ermächtigt hatten brachten nach dem Trocknungsprozesses ganz neue Oberflächenstrukturen von besonderer Schönheit hervor. Möglich ist das nur mit Streuobstwiesenäpfeln.
Nun färbte das Künstlerpaar ausgewählte Äpfel mit lichtechten Farbmitteln in verschiedenartigen Färbetechniken. Über 100 Farbtöne wurden hierfür gemischt. Auf schwarz lackierter Hochglanzplatte unter einer versiegelten Acrylhaube wird die Schönheit dieser Schmuckstücke besonders unterstrichen. Bis zu 200 Äpfel werden zu einem Wandobjekt komponiert.
“Schiller trifft Goethe“ lautet der Titel der Werkreihe dieser Apfelbilder, der beim kunstinteressierten Publikum häufig für Verwunderung sorgt. „Wir werden oft gefragt, warum Schiller trifft Goethe?“ lächelt Silvia Eisele. Woraufhin Achim Großmann erläutert, dass Johann Wolfgang von Goethe mit seinen Farbstudien und der 1810 erschienenen Schrift Zur Farbenlehre zu den Vätern des Farbverständnisses gehört.
Friedrich Schiller, der eng mit Goethe befreundet war, entging seinerzeit nicht einer kleinen Boshaftigkeit des Freundes, denn von Goethe wurde verbreitet „Schiller könne nur beim Geruch fauler Äpfel dichten“. Nicht zu vergessen Schillers Vater Johann Kaspar Schiller, der im ausgehenden 18. Jahrhundert den Obstanbau im gesamten Herzogtum Württemberg entschieden förderte und vorantrieb.
Dies erfuhren die Künstler bei einer Tagung an der Universität Hohenheim anlässlich des “Landesweiten Streuobsttag Baden-Württemberg“ in Stuttgart. “Uns sind wissenschaftlich fundierte Hintergründe über das Kunstschaffen hinaus wichtig“ bekräftigt Silvia Eisele. Doch was verstehen wir eigentlich unter einer Streuobstwiese? Während im modernen Obstanbau die niedrigstämmigen Bäume dicht in Reihen gepflanzt und auf wenige Dutzend Apfelsorten beschränkt sind, finden sich auf Streuobstwiesen alleine in Deutschland mehrere Tausend verschiedene Sorten.
Diese Vielfalt zeichnet eine Streuobstwiese aus. Ein großer Teil dieser Sorten ist nur regional zu finden. Die Bäume bleiben ungespritzt und ungedüngt, wachsen als “richtige“ Bäume mit hohem Stamm, sind verschiedenen Alters und stehen auf den Wiesen “gestreut“ mit großem Freiraum. Auch die regelmäßige Unternutzung als Dauergrünland ist charakteristisch für diese Obstwiesen.
Info: Die Werke werden dem kunstinteressierten Publikum auf der Kunstmesse „Arte Fusion“ in der Stuttgarter Messe von Freitag, 14. April bis Sonntag, 16. April jeweils von 10 bis 18 Uhr präsentiert. Siehe auch unter www.arscubis.de und unter arte-kunstmesse.de im Netz.