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Tauziehen zwischen Stadt und Land

Krankenhaus-Areal Böblingen: Gemeinderat kritisiert Landrat Roland Bernhard scharf

Was soll aus dem Krankenhaus-Areal in Böblingen werden, wenn die Flugfeld-Klinik bezogen ist? Zum Tauziehen zwischen Land und Stadt melden sich jetzt die Fraktionen im Böblinger Gemeinderat mit einer gemeinsamen Erklärung zu Wort.
Von Tim Schweiker
Nach dem Umzug aufs Flugfeld liegt auch das Böblinger Krankenhaus-Areal brach.

Nach dem Umzug aufs Flugfeld liegt auch das Böblinger Krankenhaus-Areal brach.

Bild: Dettenmeyer/A

Böblingen. „Manchmal muss man sich schon die Augen reiben, wenn man sieht, wie kommunale Partner neuerdings miteinander umgehen“, wundert sich Dr. Thorsten Breitfeld, Fraktionssprecher der CDU im Gemeinderat Böblingen. „Dass Landrat Roland Bernhard nicht innerhalb von drei Monaten spontan einen Großinvestor gefunden hat, der sofort dazu bereit ist, das gesamte Areal in Eigenregie zu entwickeln, ist in diesen Zeiten nicht wirklich verwunderlich. Diese Erkenntnis in der Presse mitzuteilen, hilft dem Entwicklungsprozess nicht weiter.“

Ein Verkauf an das Land, egal zu welchem Preis, würde aber auf Jahrzehnte hinaus eine zukunftsfähige Entwicklung auf dem letzten großen zusammenhängenden Entwicklungsgebiet der Stadt Böblingen unmöglich machen.

Das Krankenhausareal muss langfristig, sorgsam und mit Bedacht über Jahre hinweg in kommunaler Hand entwickelt werden. Deshalb hat der Gemeinderat in Böblingen im März 2023 den einstimmigen Beschluss gefasst, das Gelände zu erwerben. Ein Verhandlungsergebnis, über das der Gemeinderat entscheiden kann, lässt jedoch auf sich warten.

„Beschluss nach der Sommerpause nötig“

„Der Kreistag hat in Beschlüssen festgehalten, dass die Stadt Böblingen als bevorzugter Partner und erster Ansprechpartner für die Entwicklung dieser freiwerdenden Flächen zu sehen ist“, sagt Dorothea Bauer, Fraktionssprecherin der Grünen im Gemeinderat. „Die Entscheidungshoheit über die Flächen gehört in den Böblinger Gemeinderat.“

Dem Landkreis Böblingen wurde zur Neuentwicklung seines Klinikverbundes vor einigen Jahren eine zentral gelegene Gewerbefläche auf dem Flugfeld anvertraut, um den Neubau eines Krankenhauses für die gesamte Region zu ermöglichen.

Dies geschah im Vertrauen darauf, dass im Gegenzug die dann freiwerdende Krankenhausfläche der Stadt Böblingen zu einem angemessenen Preis (zurück)verkauft würde. Schließlich war die jetzige Krankenhausfläche dem Kreis in den 1960er Jahren kostenfrei von der Stadt überschrieben worden.

Auch Gerlinde Feine, Fraktionsvorsitzende der SPD+Linke, schätzt die mögliche Entwicklung positiv ein: „Das alte Krankenhausareal hat nicht nur eine hervorragende überregionale Anbindung durch die A 8, sondern auch durch den Ausbau der Querspange Ost einen direkten Weg aufs Flugfeld. Zusammen mit der Nähe zur Innenstadt Böblingen sind dies beste Voraussetzungen, dieses Gebiet facettenreich zu entwickeln.“

„Nach der Sommerpause muss ein Preis und ein dazu passendes Entwicklungskonzept auf den Tisch des Gemeinderates. Dies muss sich an den Potenzialen orientieren, die auf diesen Flächen erreicht werden können“, sagt Janina Dinkelaker von den Freien Wählern. „Danach muss der Gemeinderat Böblingen zügig beschließen, wie die Fläche entwickelt werden soll. Stadt und Gemeinderat sind sich einig, dass wir die Fläche zukunftsfähig und gewinnbringend entwickeln wollen. Das schließt aus unserer Sicht eine Landeserstaufnahmestelle aus.“

„Nicht kurzfristig denken“

Eine Entscheidung über den Verkauf allein auf Basis des Kaufpreises ist aus Sicht der Fraktionen im Böblinger Gemeinderat zu kurz gedacht. Von einem zukunftsfähig entwickelten Areal profitiert letztlich auch der Landkreis nachhaltig über eine höhere Gewerbesteuerumlage. Eine Landeserstaufnahmestelle hingegen würde dem Landkreis nur einmalig den Kaufpreis bringen. „Wir hoffen sehr, dass der Landkreis die langfristig sinnvolle Entwicklung priorisiert und sich nicht von kurzfristig verfügbaren Millionen beirren lässt. Der höchste Kaufpreis ist nicht gleichzusetzen mit der besten Entwicklungsmöglichkeit für den Landkreis“, so Dinkelaker.

„Im Gemeinderat wurde auch die Einrichtung eines Entwicklungsbeirates beschlossen. Das muss nun endlich geschehen. Das Gebiet muss mit Partnern neu gedacht und geplant werden, um die notwendigen Gewerbe- und Innovationsflächen mit begleitendem Wohnraum zu beherbergen“, bemerkt dazu Dr. Detlef Gurgel, Fraktionssprecher der FDP im Gemeinderat. Er gibt weiter zu bedenken: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Land Baden-Württemberg in einen laufenden Stadtplanungs- und Entwicklungsprozess der Stadt Böblingen eingreifen wird, um eine Landeserstaufnahme für Flüchtlinge an dieser Stelle einzurichten. Das wäre gegen den einstimmigen Willen des Gemeinderates. Dagegen wird es sicherlich auch juristische Mittel geben.“