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Böblingen: SZ/BZ-Stammtisch zum Radschnellweg auf der Pflasterstrecke der Römerstraße und zur Radwege-Situation im Landkreis

„Isolierte Rad-Autobahn durch den Wald“

Von Daniel Krauter
Muntere Diskussion im Restaurant Paladion in Böblingen.	Bild: Krauter

Muntere Diskussion im Restaurant Paladion in Böblingen. Bild: Krauter

Was die Radwege-Situation in den Städten Sindelfingen und Böblingen anbelangt, „ist noch viel Luft nach oben“. Das machte Roland Schmitt, Vorsitzender ADFC Böblingen/Sindelfingen, beim SZ/BZ-Stammtisch im Restaurant Paladion in Böblingen deutlich. Mit dieser Aussage hatte Roland Schmitt die Mehrheit der Stammtisch-Teilnehmer auf seiner Seite.

Bei der Zustimmung zum Radschnellweg sah es schon anders aus: Für den etwas weniger als acht Kilometer langen Abschnitt des Radschnellwegs zwischen Stuttgart-Vaihingen und Böblingen sowie Sindelfingen werden bis Frühjahr die unter Denkmalschutz stehende, gepflasterte Römerstraße sowie ein weiterer Weg asphaltiert und beleuchtet. Der Ausbau der Strecke kostet 3,2 Millionen Euro (die SZ/BZ berichtete). „Dieser Radschnellweg ist ungeeignet, um als Schrittmacherprojekt zu dienen. Außerdem ist die Anbindung von Böblingen und Sindelfingen her völlig unzureichend, und für eine Weiterführung nach Stuttgart gibt es noch nicht einmal ein Konzept. Es entsteht also eine isolierte Radautobahn durch den Wald – wie eine Brücke, die nach beiden Seiten ins Leere führt“, sagte Bernhard Völker aus Stuttgart-Vaihingen.

Dem entgegnete Roland Schmitt: „Auf der Böblinger Seite gibt es mehr Anschlüsse als von der alten B 14 aus, etwa in den Osten der Stadt oder bis nach Schönaich.“ Er ist jahrelang auf der Panzerstraße mit dem Rad zur Arbeit gependelt: „Über die Pflastersteine ist es eine unsägliche Holperei gewesen.“
Gerade der Erhalt der Pflastersteine liegt dem früheren Sindelfinger Forstdirektor, Walter Wiedmann, am Herzen. Der ehemalige Landkreis-Naturschutzbeauftrage, der mittlerweile in Ostfildern wohnt, hat gegen Ende seiner Amtszeit beim Landesdenkmalamt angeregt, eine Teilstrecke der gepflasterten Straße unter Denkmalschutz zu stellen. Mit dem Landesdenkmalschutz ist abgesprochen, ein 80 Meter langes Pflasterstück offenzulassen. „Ich habe mich dafür eingesetzt, das Baudenkmalfenster auf rund 150 Meter zu verlängern. Leider fehlt dafür die breite politische Zustimmung“, sagte Walter Wiedmann.

Die Umsetzung seines Vorschlags mache bautechnisch keine zusätzlichen Probleme. „Weil die Fahrbahn aus Richtung Böblingen zu der Kreuzung hin leicht ansteigt, ergibt sich ein eleganter Übergang von der dann angehobenen asphaltierten Pflasterstrecke über einen reinen Asphaltabschnitt – nach Entfernung der Pflasterung – zur gepflasterten Kreuzung“, führte Walter Wiedmann weiter aus.
„Es gibt bereits eine gute Verbindung, mit wesentlich geringerem Höhenunterschied – die alte B 14. Warum nicht so umbauen, dass sie in erster Linie für Radfahrer, Busse und Anlieger da ist? Muss sie für Autos offen bleiben?“, warf Jörg Dittmann vom VCD Kreisverband Stuttgart in den Raum.
„Dieses Pilotprojekt ist auf den Weg gebracht worden. Was mich ärgert ist, dass es in diesem Fall weder ausreichende Information, noch Bürgerbeteiligung gab“, sagte Norbert König aus Stuttgart-Vaihingen.

Carlo Doni aus Sindelfingen, der viel mit dem Rad unterwegs ist, vermisst in der Region Stuttgart ein schlüssiges Gesamtkonzept. „Da ist vieles Flickschusterei und dann werden für das Prestigeobjekt Radschnellweg mal kurz 3 Millionen Euro investiert. Gerade in Sindelfingen sind viele Radwege in einem desolaten Zustand. Dafür fehlt aber das Geld an allen Ecken und Enden.“
Dem pflichtet die Sindelfingerin Silvia Seidel-Kukuk bei: „Ich bin häufig mit dem Fahrrad vom Schleicher aus ins Breuningerland unterwegs. Die Radwege in Sindelfingen sind eine Zumutung. Es ist ein Wunder, dass so selten etwas Schlimmeres passiert.“

Diese Kritik teilt Roland Schmitt: „Die Radwege-Konzepte in Sindelfingen und Böblingen sind größtenteils aus den 60er Jahren. Übrig geblieben sind auseinandergerissene Holperstrecken in bescheidenem Zustand.“ Alle 100 Meter ändere sich irgendetwas. „Dazu entsprechen sowohl in Böblingen als auch in Sindelfingen die Radwege nicht den Standards, welche die Kölner Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen im Jahr 2010 mit der ERA, das sind Empfehlungen für Radverkehrsanlagen, ausgesprochen hat.“
In Sindelfingen gibt es für Roland Schmitt einige gefährliche Ecken: „Am Calwer Bogen geht es los. Dort stehen die Radfahrer ewig und sehnen sich die alte Unterführung herbei. Oder sie riskieren ihre Gesundheit und ein Bußgeld. Wenn sie dann den Bogen geschafft haben, wird es noch schlimmer. Kein Ortsfremder weiß, wo es jetzt langgeht. Dann quält man sich die Schleyer-Straße entlang oder quetscht sich auf die Calwer Straße. Ich habe das Gefühl, bei der ganzen Planung wurden Radfahrer nicht berücksichtigt.“ In Böblingen ist für Schmitt die Kreuzung Tübinger Straße/Berliner Straße ein Dorn im Auge: „Egal, woher ich komme, es ist eine Katastrophe.“

Auch die gegenseitige Rücksichtnahme wurde beim SZ/BZ-Stammtisch angesprochen. „Jeder, ob Radfahrer, Autofahrer oder Fußgänger, muss sich so verhalten, dass er andere nicht gefährdet“, sagte Roland Schmitt. Dieser Aussage stimmten die Stammtisch-Teilnehmer unisono zu.