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Der Böblinger Hotelier Manuel Böhler sagt im SZ/BZ-Podcast „Willi und Dödel“ warum er trotz harter Pandemie-Monate optimistisch nach vorne schaut

Böblingen: Das Hotel Böhler und das Comeback der Branche

Von Jürgen Wegner und Dirk Hamann

Hier geht es direkt zur Podcast-Folge von "Willi und Dödel" mit Manuel Böhler.

Weil kaum Messen stattfinden, fehlen Messebesucher. Geschäftsreisende aus dem Ausland sind zur Seltenheit geworden. Die Pandemie hat der Hotellerie gewaltig zugesetzt. Auch dem Böblinger Hotel Böhler, das in den vergangenen eineinhalb Jahren sogar fünf Monate lang geschlossen blieb.

Im kostenfreien SZ/BZ-Podcast „Willi und Dödel“ sagt Hotelier Manuel Böhler, dass der Betrieb nur schleppend wieder in gang kommt. Und warum er trotzdem zuversichtlich ist.

**Hier ein Auszug: **

Die Hotelerie hat während der Pandemie stark gelitten. Wie geht's Ihnen als Hotelier inzwischen?

Manuel Böhler: „Die letzten eineinhalb Jahre waren hart. Das ging uns so, das ging auch anderen so. Bis Februar 2020 hatten wir noch ganz normales Geschäft, mehr noch, bis dahin ist ein Rekordjahr nach dem anderen. Dann hatten wir noch einmal eine Messewoche und dann war von einem Tag auf den anderen alles leer storniert. Mitte März 2020 haben wir dann ganz zugemacht. Insgesamt hatten wir während der Pandemie verteilt über drei Zeiträume fünf Monate ganz geschlossen.

Seit April haben wir jetzt wieder geöffnet, das Geschäft zieht langsam aber stetig wieder an – aber wir sind natürlich noch ganz weit weg von den Zahlen, die wir 2019 hatten.“

Was für Gäste haben Sie denn? Nur Menschen, die eine Messe besuchen oder auch Urlauber und Wanderer?

Manuel Böhler: „Wanderer haben wir eher selten bei uns zu Gast, auch auf dem Messegeschäft liegt sicherlich nicht unser große Fokus. Messegäste gehen dann auch gerne in Ketten-Hotels. Wir haben eher Gäste, die auch ein paar Tage länger bleiben und auch von weiter her aus dem Ausland kommen, klassischerweise auch aus den USA. Aber das USA-Geschäft selber ist seit Beginn der Pandemie nahezu tot, internationale Geschäftsreisen sind nach wie vor selten. Innerhalb Deutschlands zieht dieser Bereich wieder an, aber davon allein können wir auf Dauer nicht leben.“

Befürchten Sie, dass Unternehmen sich die Kosten wie vor Corona für Geschäftsreisen sparen und weiterhin auf Video-Konferenzen setzen?

Manuel Böhler: „Während der Pandemie hat man es stark gemerkt, dass die Firmen ihre Mitarbeiter von zuhause haben arbeiten lassen – aus Sicherheitsgründen aber auch um Geld zu sparen. Ich glaube, und da habe ich ein bisschen eine andere Meinung als viele andere, dass sich Online-Konferenzen auf Dauer nicht so durchsetzen werden, weil bei einem persönlichen Treffen noch viel nebenbei passiert. Das ist die Stimmung im Raum, das abendliche Geschäftsessen. Stichwort ist der Flurfunk in den Unternehmen, da bekommt man vieles auf den Gängen mit, was man sonst in Online-Konferenzen nicht so mitkriegt. Richtig effizient wird es also erst, wenn man sich auch physikalisch trifft. Außerdem sind Menschen Reisetiere, die reisen gerne. Eine Zeit lang kann man sie einsperren, aber irgendwann wollen sie wieder raus. Von daher glaube ich, dass sich die Lage wieder normalisieren wird - auch wenn es nicht mehr aufs ursprüngliche Niveau zurückgeht.“

Vor viereinhalb Jahren haben Sie in einen siebenstelligen Betrag in Ihr Hotel investiert. Treffen Sie deswegen die Corona-Folgen besonders hart?

Manuel Böhler: „Investieren muss man immer, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Frage ist vielmehr, wie sich künftig der Kuchen verteilt. Im Böblinger und Sindelfinger Umfeld stehen wir als Privathotellerie gegenüber, dass vermehrt Hotelketten dazukommen, die den Durchschnittspreis, den ein Hotelier verdienen kann, sicherlich drücken werden. Wir selbst haben die Möglichkeit, uns von der Menge abzusetzen. Darauf müssen wir uns fokussieren. Da müssen wir tatsächlich versuchen, in den Nischenbereich zu gehen.“

Wie macht man so etwas? Überspitzt gesagt erwarte ich als Hotelgast ein sauberes Bett, einen Fernseher und ein Frühstücksbüffet. Wo ist da die Nische?

Manuel Böhler: „Ein sauberes Bett ist schon das richtige Stichwort. Sauberkeit ist etwas, womit man punkten kann. Ich erlebe, wenn ich woanders bin, immer wieder selbst Dinge, die mit Sauberkeit zu tun haben, die ich eigentlich nicht erleben will.

Ein weiterer Punkt ist, mit den Gästen in Kontakt zu treten, auch um Trends herauszuhören. Dadurch kam es zum Beispiel im Zuge des Umbaus vor vier Jahrenh bei uns dazu, dass wir unser ehemaliges Schwimmbad, das nicht mehr gefragt war, in ein Fitnessstudio verwandelt haben. Das kommt bei den Gästen sehr gut an und ist in den Hotels im Großraum Stuttgart das mit dem besten Angebot. Aber auch beim Frühstücksangebot gibt es immer mehr neue Trends. Frische ist da beispielsweise zurzeit ein ganz großes Thema.“

Wenn Sie an den Herbst und möglicherweise erneut steigende Corona-Infektionszahlen denken - welche Wünsche haben Sie an die Politik, die Ihr Leben als Hotelier leichter machen?

Manuel Böhler: „Ich persönlich gehöre nicht zu den Menschen, die immer schimpfen, sondern zu jenen, die lieber das Gute sehen. Ich bin auch mit der Politik, mit der wir in Deutschland durch die Krise gehen, sehr zufrieden, wir Hoteliers in Deutschland erfahren zum Beispiel eine sehr viel bessere Unterstützung als Hoteliers in anderen Ländern. Wir erhalten in der Hotellerie zumindest bis Jahresende weiterhin Unterstützung – und wenn sich das Reiseverhalten dann wieder einigermaßen einpendelt und stabilisiert, kommen wir mit einem blauen Auge davon.

Wenn die Politik nach wie vor bei den stark betroffenen Unternehmen am Markt bleibt und unterstützt, wäre es sehr gut. Es ist aber auch wichtig, dass die Unterstützung wieder aufhört, wenn man wieder selbstständig krabbeln kann, damit dann der Wettbewerb wieder greift.“