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SZ/BZ-Verlagsleiter

44 Jahre lang Medienmacher aus Leidenschaft: Hans-Jörg Zürn geht in den Ruhestand

Beispiellose Karriere bei Röhm-Medien: Vom Sport-Volontär zum Lokalredakteur, später Chef vom Dienst, Chefredakteur und seit 2009 Verlagsleiter.
Von Tim Schweiker

Sindelfingen. Jetzt ist es also tatsächlich so weit. Heute, an diesem Freitag, hat Hans-Jörg Zürn seinen letzten Arbeitstag als Verlagsleiter bei der SZ/BZ. Die Arbeit steht dabei ausnahmsweise nicht im Vordergrund. Im Kreis von Kollegen, Freunden und Wegbegleitern wird gefeiert. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt: Ruhestand. „Es klingt noch etwas ungewohnt, aber ich freue mich darauf“, sagt Hans-Jörg Zürn.

Sage und schreibe 44 Berufsjahre verbringt Hans-Jörg Zürn bei der SZ/BZ. „Langweilig war mir in all den Jahren nie“, sagt der gebürtige Allgäuer. In Kempten geboren, hat Hans-Jörg Zürn seine ersten Jahre in Isny verbracht, eingeschult wird er in München. Als seine Mutter schließlich mit ihm nach Schönaich zieht, werden ein paar Weichen gestellt: Handball in Schönaich, Fußball in Böblingen, später Handballtrainer bei vielen Vereinen in der Region. Der Sport, das ist ganz früh klar, wird ihn immer begleiten.

Zur Sindelfinger Zeitung kommt er 1979 eher zufällig. „Ich hatte mein Abi am Böblinger AEG hinter mir – mehr schlecht als recht übrigens – und ein paar Versuche als freier Mitarbeiter im Sport gemacht.“ Als er der Noten wegen die Idee eines Lehramtsstudiums begraben muss, kommt das Angebot der Sindelfinger Zeitung gerade recht. Die Redaktion sucht einen Volontär für den Lokalsport. „Und da ich gut vernetzt war in der Sportszene, hat man es mit mir versucht.“

„Meinen Traumberuf gefunden“

Es bleibt nicht beim Versuch, denn Hans-Jörg Zürn riecht Lunte in Sachen Journalismus. „Ich hatte meinen Traumberuf gefunden.“ Jeden Tag treffe man interessante Menschen, erfahre spannende Geschichten und erweitere täglich seinen Horizont. „Das hat mir von Anfang an gefallen, und daran hat sich nie etwas geändert.“

Dass zu diesem Job teilweise recht knackige Arbeitszeiten bis in den späten Abend und am Wochenende gehören, stört den jungen Sport-Volontär nicht. „Ich hatte ja auch meine Freiheiten. Der damalige Verleger Werner Röhm hat sinngemäß gesagt: 'Mach Dein Ding, aber mach es gut'. Das habe ich immer versucht.“

Das Auf und Ab der Sindelfinger Handballerinnen etwa verfolgt der Handball-Freak Hans-Jörg Zürn mit besonderer Leidenschaft. Nicht zuletzt, als es in den achtziger Jahren zum Europapokal sogar bis nach Spanien ging. „Damals war natürlich noch nichts mit E-Mail. Nicht einmal Fax gab es im Hotel. Ich habe meinen Bericht am Sonntagmorgen telefonisch durchgegeben.“ Am anderen Ende der Leitung sitzt Heidi Roth, Geschäftsführerin der SV Böblingen und Ehefrau von Friedemann Roth, der über Jahrzehnte hinweg aus der Sport-Berichterstattung der Sindelfinger Zeitung nicht wegzudenken ist. „Heidi Roth konnte Steno. Sie hat das alles mitgeschrieben, abgetippt und in die Redaktion gebracht.“

Einige Zeit später betraut der Verlag Hans-Jörg Zürn mit einer neuen Aufgabe. „Ich sollte ins Lokale wechseln, über Böblingen berichten. Das war für mich enorm spannend.“ Unvergessen bleibt für ihn die Landesgartenschau Böblingen im Jahr 1996. „So ein Riesenprojekt von der ersten Idee bis zur Veranstaltung zu begleiten, das war eine tolle Sache. Und ich finde es schön, dass Böblingen bis heute von der Gartenschau profitiert, etwa mit dem Stadtgarten.“

Dass Hans-Jörg Zürn jahrelang neben dem Job als Redakteur seine Leidenschaft für den Sport als Handballtrainer leben kann, „das war ein Glücksfall“, wie er selbst sagt. „Damals war es aber auch noch möglich, dass man beispielsweise den Sonntagsdienst für ein paar Stunden unterbrochen hat. Ich bin dann zum Spiel gefahren und habe danach weitergearbeitet. Das wäre so heute in Zeiten des Internets nicht mehr möglich.“

Andere Zeiten sind es auch, als Hans-Jörg Zürn für die Sindelfinger Zeitung in den achtziger Jahren das Projekt „Zeitung in der Schule“ etabliert. „Wir haben den damals noch jungen Roland Emmerich ans Stiftsgymnasium geholt. Das wäre schon ein paar Jahre später nicht mehr möglich gewesen.“ Was bis heute geblieben ist: „Zeitung in der Schule ist und bleibt ein wichtiges Projekt für den Verlag. Wir wollen und müssen junge Menschen mit unserer Marke und mit unseren Produkten vertraut machen.“

Mit Fleiß, Hartnäckigkeit und Neugier geht Hans-Jörg Zürn bei der SZ/BZ seinen Weg. Wobei er zugibt: „Ich sage schon klipp und klar, was ich will. Als Chefdiplomat tauge ich nicht.“ Als Chef vom Dienst dagegen übernimmt Hans-Jörg Zürn gemeinsam mit seinem Wegbegleiter Jürgen Haar 1992 eine erste Führungsaufgabe im Verlag. „Ich habe mich nie davor gescheut, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen“, sagt Hans-Jörg Zürn.

Als 2003 Chefredakteur Winfried Holtmann stirbt, beruft Verleger Dr. Wolfgang Röhm Jürgen Haar und Hans-Jörg Zürn als Chefredakteure. Eine Doppelspitze? Kann das gut gehen? „Es ist gut gegangen, weil unsere Rollen klar waren. Jürgen war der Außenminister, der den Verlag und die Redaktion nach außen vertreten hat. Ich habe organisatorisch die Fäden zusammengehalten.“

2009 beginnt eine neue Reise

2009 beginnt für Hans-Jörg Zürn im Verlag noch einmal eine neue Reise. Verleger Dr. Wolfgang Röhm will sich aus Teilen des operativen Geschäfts zurückziehen und bietet ihm die neu zu schaffende Stelle des Verlagsleiters an. „Ich habe eine Nacht darüber geschlafen und dann zugesagt. Die neue Aufgabe hat mich gereizt. Ich habe es als große Wertschätzung empfunden, dass sie mir angeboten wurde.“

Die neue Aufgabe ist mit einem klaren Auftrag verbunden: Neue Geschäftsfelder für den Verlag sollen her. Und so macht sich Hans-Jörg Zürn nicht nur über neue Zeitungsprodukte Gedanken, sondern gemeinsam mit Kornelia Cziomer auch daran, den Bereich Veranstaltungen auszubauen und ganz neu aufzustellen. „Früher war der Bereich beim Verkauf angesiedelt, heute ist das eine eigene Abteilung im Verlag.“ Eine Abteilung, die heute ein breites Portfolio aufweist: ob Immobilien- oder Azubi-Messe, Autosalon oder Genusswelten. Längst sind Röhm-Medien und die SZ/BZ auch als Veranstalter eine starke Marke in der Region.

Nicht zuletzt deshalb, weil Hans-Jörg Zürn, Jahrgang 1957, die Fähigkeit hat, auf Menschen zuzugehen, Kontakte zu knüpfen, zu verhandeln und die verlagseigenen Veranstaltungen auch gleich zu moderieren. „Das ist ein sehr abwechslungsreiches Feld und macht viel Spaß.“

Drei Verleger-Generationen erlebt

Werner Röhm, Dr. Wolfgang Röhm, Dr. Christian Röhm: Mit drei SZ/BZ-Verlegern arbeitet Hans-Jörg Zürn in seiner Laufbahn zusammen. „Werner Röhm war der klassische Firmen-Patriarch, der sich aber stets um seine Mitarbeiter gekümmert hat. Mit Dr. Wolfgang Röhm war meine Zusammenarbeit sehr eng und vertrauensvoll. Dass jetzt mit Dr. Christian Röhm die vierte Generation in der Geschichte des Hauses das Ruder übernommen hat, freut mich sehr.“ Nicht zuletzt in Zeiten globaler Krisen komme lokalen Medien eine besondere Rolle zu, davon ist Hans-Jörg Zürn überzeugt: „Die Menschen kennen uns, sie vertrauen uns.“

SZ/BZ-Verleger Dr. Christian Röhm ist beeindruckt von Hans-Jörg Zürns beruflicher Lebensleistung: „In seiner Person bündelt sich alles, was der Verlag macht. Von der Redaktion über Abonnementgewinnung, Kundenservice, Sonderprodukte, Anzeigenverkauf hin zu Veranstaltungen und Messen und jeder Menge weiterer Produktsatelliten rund um unseren Markenkern, die Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung. Ganz vorne dabei zu sein – beim Leser, beim Kunden – war ihm nicht nur wichtig, es war sein Ding. Ich würde fast sagen, sein Lebenselixier.“

Und jetzt soll das alles vorbei sein? Nicht ganz. Im Bereich Messen, Veranstaltungen und als Moderator wird Hans-Jörg Zürn bis Ende 2024 weiter für den Verlag arbeiten. „Ich empfinde das als große Wertschätzung.“

Und trotzdem freut er sich, dass ihm jetzt mehr Zeit für andere Dinge bleibt. „Ich will meine Enkelkinder häufiger sehen. Und ich freue ich darauf, dass ich jetzt einfach mal ein Buch zu Ende lesen kann, wenn mir danach ist. Auch auf den Golf- oder Tennisplatz will ich künftig öfter. Ich habe jetzt weitgehend Autonomie, was meinen Kalender betrifft. Das kenne ich gar nicht, und ich freue mich darauf.“

Ein Musikinstrument lernt Hans-Jörg Zürn jetzt übrigens auch. Schlagzeug. Keine schlechte Wahl für einen, der mehr als vier Jahrzehnte den Takt vorgegeben hat.